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Verpackungen – Verhüllung ist Verheißung

Verhüllung ist Verheißung, erklärt der berühmte Künstler Christo. Das gilt auch für den Konsumenten, der sich auf den Packungsinhalt freut. Für den einzelnen Händler ist die Aussage jedoch mit einer geänderten Handelslandschaft verbunden. Während eine neue Studie einen Verpackungsfavoriten hervorhebt, gibt es auch ein anderes Musterbeispiel.

Package mal anders – Hier ist die Verpackung das Produkt: Keramikvase in Kartonform von Radbag (Foto: Radbag)

Christo gilt zwar als „Verpackungskünstler“, doch der Begriff beschreibt seine Kunst nur unzulänglich. „Es geht nicht ums Verstecken, sondern ums Hervorheben“, betont der New Yorker. Wenn der bekannte Arrangeur dann noch über seine Kunst als fröhlichem Stimmungsmacher und ablenkendem Charakter von den trivialen Sorgen des Alltags spricht, sind nicht nur das interessierte Publikum, sondern auch Konsumenten und Handelsprofis mitten im Thema.
Zunächst ist eine Verpackung etwas Banales und Funktionelles, das den Inhalt schützt und auch noch nähere Details zum Innenleben verrät. Während die Transportverpackung den Inhalt möglichst heil und sicher zum Kunden bringen soll, ist eine Umverpackung laut der bundesdeutschen Verpackungsverordnung (VerpackV) aus Gründen der Hygiene, Haltbarkeit oder des Schutzes „nicht zwingend erforderlich“, sondern dient als zusätzliche Verpackung zu Verkaufsverpackungen.

Typisch Deutsch: Verpackt

Letztgenannte sind wiederum nach VerpackV gedacht „zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren, die vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können und vom Hersteller an den Vertreiber oder Endverbraucher weitergegeben werden.“ Ferner können sie ausdrücklich als Verkaufseinheit angeboten werden oder den Kaufprozess als „Serviceverpackung“ unterstützen.
Hier kommt nun der Branchenhändler ins Spiel. Der stationäre Einzel- oder Großhändler kann in der Regel auf fertige Verkaufsverpackungen der Hersteller zurückgreifen. Ansonsten werden lose Gegenstände beim Kauf in eine Tüte gesteckt, in reißfestes und stabilisierendes Kraftpapier eingeschlagen und eventuell noch in eine Schachtel oder einen Karton gesteckt.
Das erledigt sich von selbst, wenn der Händler auch im Versand- oder Internetgeschäft tätig und eine bekannte Unternehmensgröße, Mitglied einer Verbundgruppe oder Partner eines Distributors ist. Dann lässt er die Ware am besten direkt vom Hersteller, Großhändler oder der Verbundzentrale im Rahmen von „Dropshipping“ oder „Home Delivery“ direkt an den Kunden schicken. In diesem Fall kümmert sich der Partner um die richtige Verpackung für die jeweilige Ware. Dieser muss aber bei einem neuen oder neu strukturierten Lager unbedingt darauf achten, dass Kartons und Maschinen aufeinander abgestimmt sind. Sonst kommen  – wie in einzelnen Fällen bereits geschehen –  massenhaft mangelhafte oder beschädigte Kartonagen bei den Kunden an, die sich prompt verärgert bei ihrem Händler melden und dann bei Laune gehalten werden müssen.

Multikanal ändert vieles

Für Multi-Channel-Händler mit eigener Logistik hingegen ist die Verpackungsfrage gleichermaßen eine Verheißung und Herausforderung. Die Suche nach dem richtigen Material und geeigneten Einheitsgrößen kündet von einem zukunfts- und geldträchtigen Geschäft, ist aber auch eine Frage des Aufwandes, der Logistik und Kosten. Der Bundesverband Wohnen und Büro (BWB), dem mehrere Handelsverbände in den Bereichen Gedeckter Tisch, Hausrat, Wohnkultur, Möbel, Küchen, Kücheneinrichtungen, Schreibwaren, Schul- und Büroartikel, Büroeinrichtungen, Gastronomie und Großküchen angehören, spricht im Kontext der Wertschöpfungskette, der Supply Chain, in seinem aktuellen Geschäftsbericht von einem „extrem hohen Handlingsaufwand“ und „komplexen Themenfeld“.
„Der Knackpunkt für den Händler sind die Verpackungen der Produkthersteller“, sagt BWB-Hauptgeschäftsführer Thomas Grothkopp gegenüber Trend&Style. Dabei betont er auch die unterschiedliche Bewertung der Verpackungstypen und die unterschiedliche Entwicklung von Lösungen in den einzelnen BBW-Branchenbereichen. Als Beispiel dienen die Entsorgungskooperationen mit den Dienstleistern Interseroh und RKT Recycling Kontor Transportverpackungen etwa im PBS-Bereich (Papier, Bürobedarf, Schreibwaren). „Einen Teil der Verpackungen nutzen die Händler selber“, sagt Thomas Grothkopp.
Der logistische Aufwand geht schon bei der Frage des Materials und seiner Form, Größe und Art los: Gefragt sind Versandtaschen, Pappschachteln und Pappkartons, hier: Falt-, Stülp- oder Klappkartons, edle Schatullen insbesondere für den Schmuck- und Uhrenbereich, Körbe, Thermo- und „normale“ Boxen aus Pappe, Kunststoff, Styropor oder im Alu-Mix, Sperrholz- oder Alu-Kisten, Palettencontainer oder Plastik-Großbehälter, ferner eine Innenauskleidung aus Wellpappe, Schaumpolstern, Luftbeuteln, Füllchips oder Holzwolle. Im Garten-, Outdoor- und Spielzeugbereich kommen teilweise noch Beutel oder Taschen aus Spezialgewebe dazu.

Neue Erkenntnisse – Studie von EHI und Pro Karton: Faltkarton ist am meisten prädestiniert

Multifunktional – Aufbewahrungs-, Geschenk- und Präsentierboxen in einem: Traditionelle und vielseitige Verpackungen aus dem Tee-Bereich (Foto: La Mousson)

Doppelwandige Kartons

Die Verpackungsfrage will gut überlegt sein, da gerade im GPK-Bereich (Glas, Porzellan, Keramik) die Ware besonders gut, stabil und bruchsicher verpackt sein muss. „Wir verwenden für diese Produkte doppelwandige Kartons. Das ist auch eine Vorgabe unseres Paketdienstleisters, um im Schadensfall abgesichert zu sein“, erklärt Julia Ritter, Inhaberin von Desiary.de. Die Händlerin von feinen Lebensstil-Produkten betreibt ein Ladengeschäft und einen Onlinehandel in Köln, die beide florieren und über den Bonuskarten-Partner Payback den Bekanntheitsgrad weiter erhöhen.
Wie Julia Ritter berichtet, muss sie in ihren Lagerräumlichkeiten ausreichend und verschieden große Kartonagen sowie Füllmaterial bevorraten. Damit die Verpackungen nicht zu viel Platz in Anspruch nehmen, bringt der Verpackungs- und Druckdienstleister alle paar Wochen neues Material vorbei. Für die Multikanal-Anbieterin sind die Package-Bestellungen ein wichtiger Kostenpunkt: „Die bestellte Verpackungsmenge schlägt sich natürlich im Preis nieder. Bei einem höheren Einkaufsvolumen sinken die Abnahmepreise.“
Die Händlerin greift in ihrem Ladengeschäft auch neben den recht hochwertigen Verkaufsverpackungen der Hersteller auf eigene Geschenkverpackungen zurück, die im Gegensatz zum ohnehin aufwändiger zu handhabenden Internetangebot kostenlos sind.

Faltkarton als Favorit

In der Diskussion um die geeignete Verpackung vor allem für Multikanal-Anbieter erklärt eine Lobby ihr Verpackungsmaterial zum Handelsfavoriten: Die internationale Herstellerinitiative Pro Carton hat das EHI Retail Institute beauftragt, eine Studie durchzuführen: „Multichannel Packaging: Produktverpackungen im E-Commerce – Anforderungen, Trends, Potenziale“. Demnach halten 80 Prozent des Handels die Faltschachtel für die Verpackung der Wahl. Darüber informiert auch eine Gratis-Broschüre.
Die aktuelle Studie wurde laut Herausgeber unter führenden Multichannel-Händlern und Markenartikelherstellern durchgeführt. Für diese zählen vor allem die Kriterien Abbildung im Onlineshop, markengerechte Gestaltung und positives Einkaufserlebnis, Geschenkverpackung, Versand und Rückversand.
Einerseits reagiere der Handel zwiespältig auf die Frage nach unterschiedlichen Verpackungen für die verschiedenen Vertriebskanäle, andererseits zeige die Studie, dass im Online-Handel eine ganze Reihe von innovativen Verpackungslösungen gefragt seien, heißt es bei Pro Karton.
Passende Lösungen berücksichtigen individualisierbare Verpackungsmengen, attraktive und auch individuell gestaltete Geschenkverpackungen, den Schutz empfindlicher Produkte, Produkt- und Versandverpackungen in einem sowie auf Konsumenten und Gewerbekunden abgestimmte Verpackungen. „Bei der Produktverpackung muss verstärkt von Herstellerseite, aber auch von Handelsseite von vormals nur ,B2B‘ auf zusätzlich ,B2C‘ umgedacht werden. Grundsätzlich sollte man bei jedem Produkt eine B2C-Verwendung vorsehen und so Einfluss auf bessere Produktverpackungen nehmen. Hier liegt noch viel Arbeit vor den Supply Chain-Beteiligten“, zitiert Pro Carton einen ungenannten Multichannel-Händler.
Für die Industrie gehe es jetzt darum, je nach Produktart neue Verpackungen zu entwickeln, die auf neue Bestellmengen im Internet ebenso Rücksicht nehmen wie auf optische und logistische Herausforderungen, lautet die abschließende (Selbst-) Erkenntnis der Studie.

Plastikbox geht retour

Eine andere Lösung hat sich beim auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz bedachten Versandhändler Memo bewährt: Seit 23 Jahren bietet das unterfränkische Unternehmen mit seiner „Memo-Wertstoff-Box“ ein Mehrweg-Versandsystem an, bei dem die entsprechende Kunststoffbox mit ausgedienten Produkten wie zum Beispiel alten Energiesparlampen zurückgeschickt wird. „In Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und zertifizierten Recyclingunternehmen suchen wir für die zurückgesendeten Produkte die jeweils beste Verwertungsmöglichkeit. Nicht weiter nutzbare Produkte demontieren wir – sofern technisch und wirtschaftlich möglich – in reine Wertstoffe und führen diese einer stofflichen Verwertung zu. Im Rahmen unseres Rücknahmesystems berücksichtigen wir selbstverständlich die aktuellen gesetzlichen Vorschriften“, heißt es in der Memo-Zentrale in Greußenheim.
Arnd Westerdorf

Wertstoffbox vom Memo-Versand – Grüner Aspekt (Foto: Memo AG)